In diesen ProCONNECT NEWS kommt Raphael P. zu Wort. Sein Bericht zeigt eindrücklich, wie aus «nichts» etwas entstehen kann, das für Asylsuchende und generell für Menschen mit Migrationshintergrund ein Ort der Hoffnung und Hilfe wird.
Vor rund zwei Jahren bin ich (Raphael) mit meiner Frau aus einem Einsatz in Guinea (Westafrika) zurück in die Schweiz gekommen. Dort ist mir bewusst geworden, wie wertvoll es ist, wenn es Menschen gibt, die einem zu Beginn helfen, die Kultur, die lokale Bevölkerung und die verschiedenen Abläufe zu verstehen. In dieser Zeit im Ausland wuchs zudem auch eine starke Liebe zu den Muslimen in unseren Herzen heran. Wir nennen sie Cousins, da wir mit Abraham denselben Vorfahren haben. Zurück in der Schweiz, motivierte mich der Leiter von SAM global, diese Liebe auch in der Schweiz zu leben und Migranten zu helfen, in der Schweiz anzukommen sowie Anschluss zu finden. Auch in der Bibel lesen wir immer wieder, wie Gott die Fremden in unserem Land wichtig sind und was wir für eine Verantwortung ihnen gegenüber haben.
Doch wie macht man das? Wie kommt man mit diesen Menschen in Kontakt, wenn man beruflich nicht in diesem Sektor arbeitet? Was brauchen diese Menschen und wie kann man ihnen dienen? Ehrlich gesagt wusste ich am Anfang nicht, wie ich das Ganze anpacken sollte. Nach einem guten Rat meines Vaters entschied ich mich, einfach ein paar umliegende Gemeinden in der Region anzufragen. Ich fragte sie, ob sie im Bereich des Asylwesens noch ehrenamtliche Mitarbeitende suchen oder sonstige Unterstützung gebrauchen können. Von den meisten Gemeinden war kein grosses Interesse spürbar, doch die Gemeinde Reinach verwies mich sofort an die Regionalstelle «Impuls zusammenleben». Nach einem Gespräch mit der dortigen Leiterin wurde klar, dass Deutschkurse das sind, was am dringendsten benötigt wird.

Eine Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen
So startete ich eine Woche später mit einer anderen ehrenamtlichen Mitarbeiterin einen Basis-Deutschkurs, der jeweils am Mittwochmorgen stattfand. Es war ermutigend zu sehen, wie die Migranten den Deutschkurs schätzten und wie sie sich engagierten. Eine Teilnehmerin meinte:
Der Deutschkurs ist für mich viel mehr als nur ein Ort, wo ich Deutsch lerne – es ist eine Gelegenheit, um einmal pro Woche aus dem Haus zu kommen und mit anderen Menschen Gemeinschaft zu haben.
Da wurde mir bewusst, dass sich viele von den Einwanderern nach echter Gemeinschaft sehnen und Beziehungen suchen.
Praktische Unterstützung, Leben und Glauben teilen
Kurze Zeit später erfuhr ich durch eine Gebetsgruppe, dass es jeden zweiten Mittwochnachmittag im Kirchgemeindehaus der reformierten Kirche Menziken Kaffee gäbe. Es seien alle eingeladen und es kämen jeweils auch einige Ausländerinnen mit Kopftuch. Ich war schon nach dem ersten Besuch begeistert und entschied mich, auch die Teilnehmenden des Deutschkurses regelmässig in dieses «Kaffee Erlebbar» einzuladen. Bereits nach kurzer Zeit hatten wir jeweils 60 bis 80 Gäste, mit denen wir interessante Gespräche über Gott und die Welt führen durften. Dieser Mittwochnachmittag entwickelte sich zu einem meiner Lieblingsevents, denn es geht um viel mehr als Kaffee und Kuchen. Es ist ein Ort der Gemeinschaft, wo man übers Leben austauschen kann, wo sich Erwachsene wie auch Kinder kennenlernen und vernetzen können, wo man einander Ratschläge geben oder sich auch praktisch gegenseitig helfen kann. Zudem gibt es mir immer wieder die Möglichkeit, meinen Glauben an Jesus Christus (oder arabisch Nabi Isa al-masih) zu bezeugen oder sogar für Menschen zu beten. Und darum geht es ja im ProCONNECT, dass Menschen sich begegnen, sich gegenseitig weiterbringen können und die hoffnungsbringende Botschaft vom Messias kennenlernen dürfen. Jeder von uns kann für Migranten so eine Brücke zur lokalen Bevölkerung sein.
Interesse und Freundschaft öffnen Türen
Ein ermutigendes Beispiel ist F., ein junger Mann aus der Türkei. Er ist als Kurde mit seiner Mutter und seinem jüngeren Geschwisterchen in die Schweiz geflüchtet. Ich lernte ihn im besagten Deutschkurs kennen und mir fiel sofort auf, wie schnell er in kurzer Zeit Deutsch gelernt hat. Er ist erst 16 Monate hier und spricht unsere Sprache schon fliessend. Er kam auch ins «Kaffee Erlebbar» und es entstand eine herzliche Freundschaft. Wir hatten tolle Gespräche über Gott und die Welt und er interessierte sich für das Wort Gottes.
So konnte ich ihm kurzerhand ein türkisches Taurat, Zabur und Injil (also eine Bibel) besorgen, die er fleissig zu lesen begann. Vor kurzem teilte er unserem befreundeten Pastor mit, dass er diesem Messias nachfolgen möchte. Dies ist natürlich erst der Anfang, doch es ermutigt uns zu sehen, dass es Leute des Friedens gibt, die einen Hunger nach Gott haben.
Raphael P.
Es braucht noch viele «Brücken»
Ich finde Raphaels Erzählen sehr ermutigend und motivierend. Danke für euer Interesse und für jede Unterstützung im Gebet, beim „Connecten“ mit Migrantinnen und Migranten und für die finanzielle Unterstützung der interkulturellen Arbeit von SAM global: Pro CONNECT. Gerne lassen wir uns auch einladen in Gemeinden zu Gottesdienst, Workshop, Talkgespräch, Seniorennachmittag. (Rahel.Strahm@sam-global.org)
Rahel Strahm, Leitung ProCONNECT