Nepal

Jugendliche wünschen sich eine Ausbildung

11.6.2025
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5
Min.
Ein Mann mit Helm und Leuchtweste spitzt mit Hammer und Meissel eine Wand auf

Die ersten Erfahrungen mit praktischer Berufsausbildung (Skills Training), die wir im vergangenen Jahr mit unserer Partnerorganisation in Pokhara sammeln konnten, waren motivierend und begeisternd.

Darum haben wir mit unseren Partnern entschieden, uns in den Projekten vermehrt auf unsere Fit2Work-Strategie zu konzentrieren. Ziel dabei ist, Menschen durch Anlehren zu befähigen, mit eigener Arbeit ihre Lebensumstände Schritt für Schritt zu verbessern. Die Teilnehmenden leben oft in abgelegenen Gegenden und kommen zur Ausbildung für ein paar Monate in die Stadt. Unsere lokale Partnerorganisation organisiert die Lehrgänge mit bestehenden, anerkannten Lehrwerkstätten und die Unterkunft. Viele Teilnehmende kommen dadurch zum ersten Mal in Kontakt mit Christen.

Motivation, Fähigkeiten und Selbstvertrauen

Seit Februar 2025 läuft in zwei abgelegenen Dörfern im Herzen Nepals das Projekt ProEDUCATION Skills Training. Es richtet sich an junge Menschen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen möchten, aber bislang nicht wussten, wie. Zuerst lernen sie ein praktisches Handwerk wie Schneidern, Handyreparatur oder einfache Elektroinstallationen. Danach erhalten sie eine Einführung in Grundlagen des Geschäftslebens: Wie finde ich Kunden? Wie kalkuliere ich Preise? Was brauche ich, um selbstständig arbeiten zu können? Das Projekt läuft gut an. Die ersten Trainings sind gestartet. Für die Schneiderinnenausbildung gab es 42 Bewerbungen. 20 Frauen konnten aufgenommen werden. Auch im Kurs für Handyreparaturen sind 20 Teilnehmende voller Elan dabei. Die Schulungen dauern 45 bis 60 Tage. Bereits nach wenigen Tagen zeigt sich: Die jungen Leute sind pünktlich und motiviert. Sie schätzen die Unterstützung der Ausbildenden. Die lokale Regierung unterstützt das Projekt, das Vertrauen wächst. Die Elektriker-Ausbildungen für weitere 20 Personen werden bald starten. Natürlich gibt es auch Herausforderungen: Die oft abgelegene Lage der Dörfer erschwert die Anreise. Oft sind die Wege lang und zu Fuss zurückzulegen. Zudem ist es nicht immer leicht, junge Menschen zu finden – viele sind ins Ausland gegangen, auf der Suche nach Arbeit, um ihre Familien zu unterstützen. Perspektiven im eigenen Land zu schaffen, ist deshalb nicht nur sinnvoll, sondern notwendig.

Handys reparieren lernen: Die jungen Männer sind motiviert

Ein Beispiel ist Alina, 18 Jahre alt. Sie wuchs ohne Eltern bei ihrer Grossmutter auf, die sich liebevoll um sie kümmerte und ihr den Schulbesuch ermöglichte. Alina war fleissig und schloss die 12. Klasse mit guten Noten ab. Doch was nun? Ihre Grossmutter hörte von der Schneiderausbildung und ermutigte sie, sich zu bewerben. Jetzt ist sie mitten in der 60-tägigen Ausbildung. Zum ersten Mal hat sie das Gefühl, gezielt auf etwas hinzuarbeiten, das ihr gehört. Sie meint:

«Ich will selbst etwas aufbauen – vielleicht mein eigenes kleines Geschäft.»

Die Ausbildung bringt ihr nicht nur fachliches Können, sondern auch neues Selbstbewusstsein.

20 junge Frauen fühlen sich privilegiert, an der Schneiderei-Ausbildung teilnehmen zu dürfen

Etwas anbieten, das es wirklich braucht

Das erste gemeinsame Projekt mit der nepalesischen Partnerorganisation ProEDUCATION Solid Foundation war eine umfassende Marktforschung, die wir von Anfang 2024 bis Anfang 2025 durchführten. Anstatt direkt mit Aktivitäten zu starten, haben wir bewusst einen anderen Weg gewählt: zuhören, analysieren, verstehen – bevor gehandelt wird. Allzu oft werden Projekte in Entwicklungsländern von aussen initiiert – gut gemeint, aber nicht immer wirkungsvoll, weil die tatsächlichen Bedürfnisse vor Ort nicht bekannt sind. Unsere Zusammenarbeit sollte anders sein: In einem ersten Schritt unterstützten wir die lokale Organisation dabei, ihre bestehenden Programme kritisch zu überprüfen und gezielt Forschung zu betreiben. Die Ergebnisse waren eindrücklich – und ernüchternd: Über 90 % der Jugendlichen haben nie an einer beruflichen Ausbildung teilgenommen. Mädchen sind besonders benachteiligt – gesellschaftlich unsichtbar, früh verheiratet, kaum beteiligt am öffentlichen Leben. Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Migration und Suchtprobleme sind die Folge. Gleichzeitig ergab die Untersuchung auch: Das Potenzial ist riesig. Viele Jugendliche wünschen sich praxisorientierte Ausbildungen – etwa in Computertechnik, Elektrik, Kochen oder Handyreparatur. Fast alle benötigen finanzielle Unterstützung, sei es für Kursgebühren, Unterkunft oder den Schritt in die Selbstständigkeit. So starten wir nun gemeinsam ein ganzheitliches Skills Training-Programm für junge Menschen. Neben berufsorientierten Kursen geht es auch um Lebenskompetenzen: Selbstvertrauen, Kommunikation, digitale Bildung und grundlegende Werte.

Fertigkeiten stärken das Selbstvertrauen

Parallel lieferte das Forschungsprojekt wertvolle Erkenntnisse für die geplanten Programme unserer Partner im Bereich Landwirtschaft. Die Region rund um Chaurjahari ist bereits heute als Saatgutproduzent bekannt. Bio-Ingwer aus der Gegend wird sogar nach Europa exportiert. Mit gezielter Schulung, Marktzugang und neuer Infrastruktur können hier neue Einkommensquellen erschlossen werden – besonders auch für junge Menschen aus Bauernfamilien.

Eigenständigkeit in Sicht

Während viele Projekte langfristige externe Hilfe benötigen, wird beim ProEDUCATION Teacher Training in Pokhara 2025 voraussichtlich das letzte Jahr der Finanzierung durch SAM global sein. Die lokale Organisation arbeitet zunehmend selbsttragend. Seit 2022 unterstützen wir sie beim Aufbau einer Ausbildungsfiliale für Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen – mit dem Ziel, kindzentrierte Pädagogik in neue Regionen zu bringen.

Eine neue Art von Unterricht praktizieren

Die Ergebnisse sind deutlich: Über 100 Lehrpersonen, 580 Eltern und mehr als 300 Kinder wurden in kurzer Zeit erreicht. Besonders erfreulich: Die Angebote richten sich auch an staatliche und kommunale Schulen in entlegenen Regionen, wo solche Methoden oft erstmals eingeführt werden. Die positiven Veränderungen sind spürbar – bei Kindern, Eltern, Schulen und der gesamten Lernkultur. Trotz Herausforderungen wie schwer zugängliche Regionen oder begrenzte Mittel wächst das Netzwerk stetig. Auch nach Projektabschluss wollen wir die Partnerschaft fortsetzen – mit Fokus auf benachteiligte junge Menschen, etwa aus Bergregionen, die eine Ausbildung zur Lehrperson sonst nicht finanzieren könnten. Teilstipendien oder gezielte Begleitung sind denkbar. Details werden wir im November gemeinsam vor Ort klären.

Solche Entwicklungen motivieren: Wenn wir in praktische Fähigkeiten und unternehmerisches Denken investieren, geben wir nicht nur Wissen weiter, sondern auch Würde und Perspektive. Und es ist eine Chance, dass Menschen Jesus Christus kennenlernen. Danke für alle Unterstützung und danke an alle, die diesen Weg mit uns gehen.
David Keller, Länderverantwortlicher Asien

SAM global
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