Tschad

Frisches Wasser ist nicht selbstverständlich

31.3.2025
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10
Min.
Ein Mann schöpft mit einer Schale einen Rest Wasser aus einem Wasserloch

Stephan G. hat einen dreimonatigen Facheinsatz im Tschad geleistet. Er hat Brunnenbohrprojekte geleitet und Brunnen besichtigt, die vorher durch lokale Teams und unsere lokalen Mitarbeitenden gebaut worden sind.

Stephan berichtet: Ich habe in den letzten 30 Jahren im Bereich der Trinkwasserversorgung und -aufbereitung gearbeitet, hauptsächlich in der Schweiz, aber auch in verschiedenen Ländern innerhalb Europas. Im Jahr 2017 besuchten und unterstützten meine Frau Therese und ich Freunde, die sich im Tschad in einem Einsatz befanden. Im Anschluss daran beschlossen wir, eines Tages dorthin zurückzukehren. Leider verstarb meine Frau drei Jahre später plötzlich und unerwartet.

Das Projekt nimmt Form an

Im Jahr 2022, im Hinblick auf meine bevorstehende Pensionierung, wurde der Plan, in den Tschad zurückzukehren, konkreter. Ziel war, in abgelegenen Gebieten Trinkwasserversorgungen aufzubauen, damit die Menschen qualitativ hochwertiges Wasser in ihrer Nähe erhalten. Und ich wollte mit diesem Einsatz meine Dankbarkeit ausdrücken gegenüber Gott und meiner Frau, die das Engagement für dieses Land stark auf dem Herzen hatte. Nachdem ich Unterstützende hatte gewinnen können, reiste ich am 5. November 2024 für drei Monate nach N’Djaména, wo ich an der Umsetzung mehrerer Brunnenprojekte mitgewirkt habe. Sauberes Wasser ist enorm wichtig, wenn man bedenkt, dass 80 % der Krankheiten, die in diesem Land auftreten, hauptsächlich auf schlechte Wasserqualität zurückzuführen sind. Und ein Brunnen in der Nähe entlastet die Frauen und Mädchen, die sonst bis zu fünf Kilometer zu Fuss zurücklegen müssen, um Wasser zu holen.

Brunnenbohrung

Köstliches Nass aus acht Wasserhähnen

Ein grosses Projekt war die Brunnenbohrung für die Schule in Abéché, die aufgrund der Geologie und der Bodenqualität vor und während der Durchführung viele Untersuchungen, viel Präsenz und Einsatz und intensive Verhandlungen mit den Beteiligten erforderte. Nach Abschluss des Projekts wurde die Wasserversorgung für 600 Schülerinnen und Schüler mithilfe einer solarbetriebenen elektrischen Pumpe, einem Wasserturm mit 5000-Liter-Tank und einem Wasserspender mit acht Wasserhähnen realisiert. Vorher wurde die Schule mit 10 Kanistern zu je 20 Litern Wasser minderer Qualität versorgt, die mit einem Karren von verschiedenen Wasserstellen in der Umgebung zur Schule transportiert wurden. Dafür bezahlten sie den höchsten Preis von ca. CHF 4.60/Tag.

Fliessendes, sauberes Wasser aus Hähnen – was für ein Segen!

Ein riesiges Geschenk

Solche Projekte sind für die Bevölkerung von grösster Bedeutung. Von den Kindern dieser Schule kamen rührende Dankesschreiben: «Ohne Wasser ist kein Leben möglich. Die Liebe und Grosszügigkeit, die Sie uns entgegengebracht haben, setzen einem langen Leidensweg ein Ende. Wir werden Gott für dieses unübertreffliche Geschenk immer dankbar sein. Danke, dass die Anfrage unseres Direktors berücksichtigt wurde. Uns fehlen die Worte, um Herrn Stephan G. zu danken und unsere Dankbarkeit aus tiefstem Herzen auszudrücken. Bitte leiten Sie unseren Dank an Ihre Mitarbeiter und Spender in der Schweiz weiter und sagen Sie ihnen, dass Gott sie für jeden Rappen, den sie für unsere Sache einbezahlt haben, segnen möge.»
Im Rahmen des Budgets und der gesammelten Spendengelder konnten insgesamt 33 Brunnen gebohrt sowie fünf saniert und repariert werden. 29 Brunnen wurden mit einer einfachen mechanischen Handpumpe ausgestattet, zwei Anlagen mit einer elektrischen Pumpe, die von einem Generator gespeist wird. Zwei grössere Projekte wurden mit einer elektrischen Pumpe, die von einer Solaranlage gespeist wird, realisiert und mit einem Reservoir mit Wasserturm ausgestattet.

Stephan mit der Bautruppe vor dem Wasserturm

Ohne Zauberei, dafür mit Gottes Segen

An einem Ort machte ich eine besondere Erfahrung. Der ‹Chef de Terre› (Träger der Traditionen und Sprecher der Ahnen für die Gemeinschaft) plante, den Bohrplatz mit dem Blut eines vor Ort enthaupteten Huhns zu besprengen, damit das Wasser in diesem Dorf in Strömen sprudeln würde. Ein einheimischer Christ, der die Bohrung initiiert hatte, informierte uns darüber und schlug vor, das Projekt vorher durch ein Gebet Gott zu übergeben. Nach diesem Gebet stimmte der Chef de Terre dem Gesagten zu und verzichtete auf sein übliches Ritual.

Während dieses Aufenthalts fehlte es mir nicht an Gelegenheiten, meinen Glauben mit den Einheimischen zu teilen, sei es während der Bohrarbeiten oder einfach bei einem Gang ins Dorf oder bei der Teilnahme an Sonntagsgottesdiensten. Ich konnte auch hier und da ein Neues Testament (Gideons) verschenken.

Stephan mit einem Mitarbeitenden

Danke für alle Unterstützung

Meine Dankbarkeit gilt in erster Linie Gott, dem Schöpfer, der es ermöglicht hat, dass all diese Projekte ohne Unfälle und grössere Probleme durchgeführt werden konnten. Aber ich danke auch all jenen, die dieses Projekt auf die eine oder andere Weise unterstützt haben und die mich durch finanzielle Unterstützung, Gebete oder auf andere Weise ermutigt haben. Ich konnte viele unvergessliche Erfahrungen machen und meinen Horizont erweitern, indem ich das Leben und das Wissen, das für alle bereichernd ist, mit anderen geteilt habe.
Stephan G.

SENDING MINISTRY – SIE LADEN MICH TATSÄCHLICH EIN!

Während der ersten drei Februarwochen haben Mitarbeitende von SAM global und einer Partnerorganisation im Tschad das erste Modul der Sending Ministry-Schulung durchgeführt. 55 Teilnehmende sind angereist, meist als Teams.

Wer sich nicht nach lokalem Standard kleidete, riskierte, geringschätzig behandelt zu werden

Täglich haben wir viel Zeit im Gebet und mit Lobpreis verbracht. Nach intensiven Theorieblöcken an den Vormittagen waren wir an den Nachmittagen jeweils zu zweit in den Strassen unterwegs und hielten Ausschau nach sogenannten Personen des Friedens. Für viele Teilnehmende, insbesondere Christen aus dem Süden des Landes, war es ein erstes Highlight, zu erkennen, dass es tatsächlich Muslime gibt, die einen einladen, auf die Matte zu sitzen, Tee zu trinken und über den Glauben zu sprechen. Wir durften auch immer mal wieder für Kranke beten. Ich war selbst dabei, als ein zehnjähriges Mädchen, nachdem es sieben Jahre lang blind war, plötzlich wieder sehen konnte, zwar nicht komplett scharf, aber markant besser. Solche ‹Dynamis-Effekte› weckten das Interesse der Quartierbewohner und die Zweierteams erlebten vermehrt offene Türen. Viele haben ein echtes Interesse gezeigt für die persönlichen Erlebnisse mit Jesus oder die Geschichte Gottes mit den Menschen (den Heilsplan). Einige haben verstanden, was Jesus für uns getan hat und haben ihn in ihr Herz aufgenommen. In fünf Häusern haben Menschen begonnen, gemeinsam und regelmässig das Injil (Evangelium) zu lesen. Dieses ist, nebst den Psalmen und der Thora, eines der im Koran empfohlenen Bücher.

Auswertung eines Einsatzes in Gruppen

Am Ende der Schulung konnten wir 11 Teams in unterschiedliche Teile des Landes aussenden, damit sie dort, wo sie herkommen, als Gesandte Gottes Häuser des Friedens suchen. Drei Teams führen die angefangene Arbeit in N’Djaména weiter.
Andreas Z.

EINE ÄRA GEHT ZU ENDE – MIT GUTER FORTSETZUNG

Die ‹Missionsstation› in AmSénéna ist für fast alle ehemaligen Einsatzleistenden im Tschad ein Begriff. Viele Projekte wurden hier geboren und unzählige Fäden liefen hier zusammen. Ab 2025 beginnt auf diesem Gelände eine neuer Abschnitt – ein Rückblick und Ausblick.

Für viele Einsatzleistende im Tschad war AmSénéna oder Am-Sinéné (im Arabisch sind Selbstlaute Glücksache) ein Zuhause oder zumindest ein Ort, wo man ausspannen und Ruhe finden konnte. Im Gästehaus fanden nicht nur Expats einen komfortablen Unterschlupf. Auch viele Einheimische, manchmal in grosser Not, wurden hier mit offenen Armen empfangen, umsorgt und beherbergt. Besonders Jugendliche suchten hier auch Antworten auf ihre Glaubens- und Lebensfragen. Im Gesundheitsposten erhielten unzählige Kranke eine solide Grundbehandlung und meist auch ein wirkungsvolles Gebet. Zum Gebet traf man sich häufig an den Sonntagnachmittagen und anschliessend wurde ausgetauscht und gemeinsame Pläne geschmiedet. So fanden viele Projekte hier ihren Ursprung.

Die Missionsstation in AmSénéna – ein vielgeschätzter Ort

Eine lange Geschichte

Angefangen hat alles mit mennonitischen Missionaren, die 1969 vom Dorfchef Abdoulaïe Makaila ein Gelände von 4000m2 vorerst für 10 Jahre zur Verfügung gestellt bekamen. Dieser Vertag wurde verlängert und 1986 konnte Philippe Klopfenstein das Gelände um 3400 m2 erweitern. Es ist auf die Partnerkirche EET registriert. Offizielle Urkunden konnten trotz intensiver Bemühungen bis heute nicht von der tschadischen Administration beschafft werden. 1998 kam dann das Gelände der heutigen Primarschule dazu. Die Station wurde zwischenzeitlich von der VKTM (Vereinigte Kamerun-Tschad Mission), von AMI-p (Action Missionnaire Internationale, Frankreich) oder der VIA (Vision Africa) geführt, bevor sie Ende 2011 zur kostenlosen Nutzung der gesamten Infrastruktur an SAM global übergeben wurde. Zu Beginn war die Station auch gut von unseren Einsatzleistenden besetzt. Es wurde sogar noch ein neues Wohnhaus erstellt. Wir haben viel investiert, um Gästehäuser, Wohnhäuser, Büros, Werkstatt und die Krankenstation zu renovieren, anzubauen oder mit Solarinstallationen zu versehen.

Wechsel der Strategie

Seit fast drei Jahren hat SAM global nur noch ein Ehepaar auf der Station. Die Kosten für den Unterhalt der Station machen im Vergleich zum gesamten Budget einen hohen Anteil aus. Dazu kommt der Trend der Lokalisierung in der Entwicklungszusammenarbeit. Darunter versteht man, dass die lokalen Partnerorganisationen zuständig sind für die Projektinitiierung und deren Umsetzung. Wir begleiten sie nur noch in jenen Bereichen, wo sie Unterstützung anfragen, immer häufiger auch nur kurzzeitig. Dafür ist der Erhalt einer grossen Station nicht mehr gerechtfertigt und daher wurde sie per Ende 2024 an die koreanische Mission WUPM übergeben. Diese hat die Vision, hier gemeinsam mit der Kirche EET ein Weiterbildungszentrum für lokale Pastorenpaare aufzubauen. Wir freuen uns, dass das Gelände weiter dem Zweck dient, Menschen auszubilden, die Kirche zu stärken und Menschen mit Gott zu versöhnen.

Etwas Wehmut ist schon dabei

Ein besonderer Dank

An dieser Stelle möchten wir Florent N. herzlich für seinen langjährigen Einsatz danken. Er ist Teil der Geschichte von AmSénéna und hat viele Einsatzleistende begleitet. Wir freuen uns, auch künftig mit ihm im Rahmen der Bildungsarbeit im christlichen Netzwerk CNEET zusammenarbeiten zu dürfen.
Andreas Zurbrügg, Länderverantwortlicher

SAM global
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