Guinea

Eine Ausbildung, die das Herz berührt

20.6.2025
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5
Min.
Eine Gruppe von Lernenden posiert sehr fröhlich vor der Werkstatt

Diesmal schreiben wir aus einem regnerischen Kissidougou. Die Regenzeit hat aussergewöhnlich früh begonnen. Aller Staub ist gewichen und die Luft ist rein. Es ist kühler, doch die grosse Luftfeuchtigkeit lässt uns bei Sonnenschein schnell schwitzen.

Die Landschaft ist üppig grün und die Arbeiten auf dem Land sind in vollem Gange. Durch den Regen sind die Strassen zu den Feldern zum Teil voller Schlamm und kaum passierbar. Hier und da kommt schon der erste reife Mais auf dem Markt. Nur die vielen Kühe, die alle frei umherlaufen, hindern etliche Bauern daran, ihr Land zu bewirtschaften. Doch der frühe Regen hat fast ein wenig Hektik aufkommen lassen.

Die Strassen sind teilweise kaum passierbar


Auch in der Ausbildung der Landmaschinenmechaniker kommt alles zusammen. Viele Kunden möchten ihre Felder durch uns bewirtschaften lassen. Wir säen für sie Mais, pflügen und eggen aber auch. Sogar in umliegende Städte fahren unsere Maschinen. Das ist für die Auszubildenden eine gute Gelegenheit, Praxiserfahrung zu sammeln. Doch gleichzeitig soll der Schulstoff gelernt und die Prüfungen vorbereitet werden. So gilt es immer wieder, die Balance zwischen den verschiedenen Bedürfnissen zu finden. Die letzte Maiwoche wurde für die Schlussexamen reserviert und Mitte Juni wird dann die Abschlussfeier stattfinden.

Mehr als Fachwissen vermitteln

Es ist uns wichtig, mit den Lernenden neben der beruflichen Ausbildung auch wichtige Themen des Lebens zu bearbeiten, wie beispielsweise: Gott schuf jeden von uns als einzigartige Person und in der Pubertät lerne ich, eigenständiger zu denken. Was sind gute Entscheidungen, welche Freundschaften pflege ich? Was für Konsequenzen kann der Konsum von Drogen – wir werden hier in Guinea geradezu überschwemmt damit – haben? Wie kann ich trotz Gruppendruck Nein sagen? Was ist die eigentliche Bedeutung von Ehe und Familie? Die Sexualität ist ein Tabuthema und gleichzeitig Grund vieler Probleme: sexuell übertragbare Krankheiten grassieren und die durch das Internet verfügbare Pornografie wird scheinbar kritiklos konsumiert. Nach wie vor werden über 90% der Mädchen und jungen Frauen beschnitten! Für viele junge Menschen gehört das zur Tradition – wir hinterfragen das gemeinsam mit den Lernenden. Dann: Wem kann ich vertrauen? Weshalb bringen mich Betrügereien in Schule und Gesellschaft nicht weiter? Welche Konsequenzen kann das sogar auf ein ganzes Land haben?

Renate bearbeitet mit den Lernenden auch brisante Themen – persönliche und gesellschaftliche

Aber auch Arbeitssicherheit, Malaria und andere Krankheiten, Erste Hilfe bei Unfällen und einiges mehr können wir mit den Lernenden in ihrer dreijährigen Ausbildung thematisieren. Sie sind allgemein sehr offen und motiviert im Unterricht. Gewisse Themen werden auch wiederholt unterrichtet, was ganz gut ist. Sich mehrmals mit einer Frage auseinanderzusetzen hilft, die eigene Meinung zu bilden und zu festigen. Wir sind je länger je mehr davon überzeugt, dass nur Gott und sein Wort die nötige Veränderung bringen kann. Wir träumen davon, dass Guinea verändert wird – auch durch unsere Lernenden, die in der Gesellschaft einen Unterschied durch ehrliche und gute Arbeit machen.

Praktische Abschlussprüfung nach drei Jahren Ausbildung

Schritte in die richtige Richtung

Drei Lernende nennen nachfolgend ein Beispiel, was sie vom Unterricht in ihrem Leben bereits umgesetzt haben:

Früher habe ich mich oft lustig gemacht über andere, die eine dicke Nase oder sonst einen Makel hatten. Jetzt weiss ich, dass Gott uns alle unterschiedlich und einzigartig gemacht hat. Jeder kann etwas, was der andere nicht kann. Und ich habe begriffen, dass ich die betroffenen Personen traurig machte. Das will ich nicht mehr. (Norbert)

Früher kam ich oft zu spät zum Unterricht. Wir haben gelernt, dass es gut ist, die Aktivitäten zu planen. Nun organisiere ich mich am Morgen besser, so dass ich vor Unterrichtsbeginn hier bin. (Gnouma)

Früher hatte ich oft Schwindel und Kopfschmerzen. Dann haben wir gelernt, dass es wichtig ist, viel Wasser zu trinken. Nun geht es mir viel besser, ich bin auch weniger müde. Mir hat auch gefallen, dass wir über die körperlichen Veränderungen gesprochen haben, die mit dem Erwachsenwerden einhergehen, ebenso wie über das Thema der Sexualität. (Mohammed)

Gut gefüllte Tage

Seit zwei Monaten sind wir als Ehepaar ohne Kurzzeiter hier vor Ort. Wir haben aber immer wieder Besucher, welche eine gute Abwechslung zum Arbeitsalltag bringen. Unsere Tage sind gefüllt mit Unterricht an der Bibelschule in Télékoro, Kursen über natürliche Medizin in den Tropen, Vorbereitung des Unterrichts sowie Korrigieren von Arbeiten. Und wir kümmern uns um ganz viele Bedürfnisse all unserer Nächsten. Mit der Abschlussfeier des Schuljahres in Télékoro Mitte Juli wird der Unterricht für ein paar Monate unterbrochen werden.

Wir bedanken uns sehr für euer Interesse an unserer Arbeit. Es ermutigt uns.
Emanuel & Renate W.

SAM global
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