Sri Lanka

Die Not lindern – und Gott erleben

24.10.2022
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Min.
Eine ältere indische Frau trägt Nahrungsmittelpakete auf den Armen

Während die aktuelle globale Wirtschaftskrise die Schweiz bisher nur geringfügig getroffen hat, gehört Sri Lanka zu jenen Ländern, die sehr stark betroffen sind. Nebst der globalen Notlage lassen hier auch Misswirtschaft und politische Fehlentscheide die Preise in die Höhe schnellen.

Um in unseren Einsatzländern unbürokratisch Hilfe leisten zu können, haben wir erfolgreich eine Kampagne für Nothilfeprojekte lanciert. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle, die sich an dieser Kampagne beteiligt haben. Wie so eine Nothilfe-Aktion aussehen kann, beschreiben Daniela und Stefan B. im ersten Artikel. Anschliessend berichtet Hanna K., die einen Kurzzeiteinsatz als Au-Pair und Lernhelferin am CCS leistet, wie ihr Alltag aussieht und was sie dabei erlebt. Und im dritten Teil berichtet Aldo, wie die Gebete der Lernenden und des CCS-Teams erhört wurden und sie genau rechtzeitig einen prestigeträchtigen Bauauftrag erhalten haben. Die Erkenntnis, dass Gott die Nöte und Herausforderungen unserer Mitarbeitenden, der Lernenden und der Bevölkerung in der nächsten Umgebung unseres Teams kennt, ernst nimmt und Lösungen schenkt, erfüllt mich mit grosser Dankbarkeit.
Andreas Zurbrügg, Länderverantwortlicher

Wer kann das bezahlen?

Stellt euch einmal vor: Ein Brot kostet von einem Monat auf den nächsten 12 Franken das Stück. So ungefähr läuft es hier in Sri Lanka momentan ab. Die Lebensmittel vor Ort sind nicht knapp, aber sie werden für die meisten Menschen hier einfach unerschwinglich. Wenn du für einen Liter Milch einen halben Tageslohn ausgeben musst, dann kaufst du dir bald keine Milch mehr. Das Problem ist, dass nicht die Luxusgüter teurer geworden sind, sondern ganz normale Grundnahrungsmittel. Wir stellen uns oft die Frage, weshalb hier nichts unternommen wird. Aus unserer Sicht dürften die Luxusgüter gerne teurer werden und erst am Schluss die Grundnahrungsmittel.

Verteilung von Lebensmittelpaketen
Die Menschen sind sehr dankbar für die Unterstützung

Es hat schon einige Situationen gegeben, wo wir direkt helfen konnten: Da war ein flüchtiger Bekannter, der kurz vorbeischaute und einen Sack Reis mit nach Hause nehmen konnte. Oder wir sind mit jemandem in den Supermarkt einkaufen gegangen oder haben einen alten Mann von der Strasse mit einem Nachtessen überrascht. Dank grosszügiger Spenden aus der Schweiz konnten wir die Hilfsorganisation H2O, die von unserem Vorarbeiter Josua mitgeleitet wird, unterstützen. Ein Einsatz mit Essenspaketen läuft jeweils wie folgt ab:

Meistens fährt Josua in die Stadt und kauft Reis, Linsen, Mehl, Tee und Zucker in grossen Säcken. Das sind rund 500kg Lebensmittel, die mit dem Lieferwagen ans CCS befördert werden. Dann beginnt die ganze Verpackungsarbeit, die meistens einige Stunden dauert. Jede Familie bekommt das gleiche Essenspaket. Deshalb werden die Lebensmittel in kleinere Säcke abgepackt. Mit einigen Hilfsmitteln wird uns die Arbeit erleichtert. Nach dem Abpacken werden die Lebensmittel mit dem Lieferwagen an verschiedene Destinationen geliefert. Dank der guten Vernetzung von H20 erreichen wir sehr bedürftige Menschen gerade auch in Randregionen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass nur diejenigen ein Paket bekommen, die wirklich bedürftig sind. Annehmen würden es sowieso alle.
Stefan und Daniela B.

Es ist einfach alles anders

Seit ein paar Wochen darf ich hier in Sri Lanka sein. Mein Fazit bisher lautet: Es ist alles komplett verschieden von der Schweiz! Die Unterschiede reichen von den offensichtlichen wie dem Klima oder dem Essen bis hin zu überraschenden Abweichungen beispielsweise beim Umgang mit Tieren oder den Geburtstagsgewohnheiten. Was wohl am meisten an die Schweiz erinnert, sind die Schweizer Lehrmittel, welche die Kinder in der Schule verwenden. Trotz der vielen Unterschiedlichkeiten, welche es zwischen der Schweiz und Sri Lanka gibt, fühle ich mich sehr wohl hier. Die beiden Mitarbeitendenfamilien haben mich sehr herzlich aufgenommen, was es mir leicht gemacht hat, mich in Sri Lanka einzuleben.

Mein typischer Tagesablauf

Meine Tage verlaufen eigentlich meistens ähnlich, aber trotzdem sieht jeder Tag etwas anders aus. Das erste Mal wache ich meistens um 05.45 Uhr auf. Das ist nämlich die Zeit, zu der die Sirene, der Gong, die Schulglocke oder wie auch immer man diesen Ton nennen will, zum ersten Mal am Tag erklingt. Ich muss dann aber noch nicht aufstehen – es ist nur der Weckruf für die Lernenden und die Männer, die auf die Baustelle gehen müssen. Mein persönlicher Wecker läutet anderthalb Stunden später.

Homeschooling

Um 07.30 Uhr erklingt der Gong erneut, dieses Mal ruft er alle zum Frühstück. Eine halbe Stunde später muss man sich erneut davor hüten, in der Nähe der klingenden Schüssel zu sein. Ich spreche hier aus persönlicher Erfahrung: es ist sehr laut. Dieses Mal ruft der Ton alle zurück zur Arbeit und die Kinder in die Schule. Für mich sehen die Vormittage unterschiedlich aus: zweimal darf ich Benaja hüten und mit ihm spielen, einmal helfe ich Rahel in der Schule, ein anderes Mal unterrichte ich alleine in der Schule und an einem Morgen habe ich frei. Das nächste Mal erklingt der Ohrenkiller um 10.30 Uhr, dann ist nämlich Tea-time (Pause). Bis zur Mittagspause dauert es dann noch einmal zwei Stunden. Von 13.00 bis 15.00 Uhr haben die Kinder Zimmerzeit, das bedeutet, dass sie alle zu Hause bleiben und dort etwas machen. Für mich heisst das, dass ich dann auch etwas ausruhen kann.

Jungschar macht Spass!

Der Rest des Nachmittags ist für mich gefüllt mit Französischlektionen, Ukulele-Lektionen, mit den Kindern Jungschar machen, mit ihnen spielen oder schwimmen oder auch vorbereiten für die nächsten Tage. Das letzte Mal am Tag erklingt das Signal um 19.00 Uhr, dann gibt es Abendessen. Um diese Zeit ist es in Sri Lanka bereits dunkel. Wenn es dann gerade einen Stromausfall gibt, wird das Essen im Kerzenschein eingenommen, was zugegebenermassen sehr romantisch ist. Nach dem Essen habe ich keine Aufgabe mehr. Meistens verbringe ich die Zeit bis zum Schlafengehen damit, zu lesen oder Ukulele zu spielen.

Schreckensschreie ertönen leiser

Was war für mich die grösste Umstellung vom Leben in der Schweiz zu dem in Sri Lanka? Diese Frage ist für mich sehr einfach zu beantworten: Die grösste Umstellung sind ganz klar die Tiere hier. Ich bin nicht wirklich eine Tierliebhaberin, doch hier in Sri Lanka musste ich das bis zu einem gewissen Grad werden. Die Tiere sind nämlich überall: von riesigen Kakerlaken über tausende von Ameisen und unzähligen Hunden bis hin zu zwei Meter grossen Würgeschlangen auf dem Gelände gibt es alles hier in Sri Lanka.

Ich muss mich immer noch an all diese tierischen Mitbewohner gewöhnen, aber ich schaffe es inzwischen, nur noch mittellaut meine Gefühle gegenüber den Tieren zum Ausdruck zu bringen.
Hanna K.

Eine Gebetserhörung oder: Was Gott nicht alles kann!

Etwa Mitte Juni verkündete unsere Köchin, dass sie am Morgen nicht mehr wie gewohnt um 6.00 Uhr den Tee würde bereitstellen können. Ihr Mann hatte sie jeweils mit dem TucTuc zu uns gebracht. Aber nun gab es wirklich kein Benzin mehr. So musste sie den Weg zu uns zu Fuss zurücklegen und würde darum eine Viertelstunde später kommen. Beim «Supervisorenmeeting» besprachen wir im Team, wie wir nun den Tagesbeginn gestalten sollten. Wir beschlossen, die erste Viertelstunde des Tages dem gemeinsamen Gebet zu widmen, allerdings freiwillig.

Das Restaurant im Rohbau

Gesagt getan, nutzen wir diese erste Zeit des Tages seither so und legen alles, was uns bedrückt, aber auch, wofür wir dankbar sind, vor Gott hin. Auch unsere dürftige Auftragslage haben wir vor Gott gebracht und wir durften noch vor den Ferien anfangs August einen neuen Kunden hier in Trincomalee gewinnen oder besser gesagt: Dieser Kunde hat uns gefunden, er wollte unbedingt mit uns sein Restaurant mit Veranda neu bauen und das durften wir nun die letzten Wochen tun. Der Auftraggeber hat einen muslimischen Hintergrund, was vorher noch bei keinem Kunden der Fall war. Dieser Bau, den wir mitten in der Touristenmeile hier in Trincomalee realisieren durften, war sehr interessant, vielseitig und werbeträchtig. Schon viele Leute haben uns darauf angesprochen und Interesse gezeigt, uns einen Auftrag zu geben. Es war aber auch anstrengend, denn wir haben vier Wochen lang fast 100% auf der Baustelle gearbeitet und den Theorieunterricht zusätzlich am Abend abgehalten. Aber das neue Restaurant sollte auf Ende September bezugsbereit sein und diesen Termin wollten wir einhalten.

Fast fertiger Bau mit Veranda

Dieses Erlebnis ist für uns ein Wunder. Denn wir wissen manchmal nicht mehr, was wir noch machen sollten, um Aufträge zu erhalten für die weitere praktische Ausbildung der Lernenden oder auch, um neue Lernende zu finden. Doch hier ergab sich eins ums andere und Gott hat uns rechtzeitig mit dem Nötigen versorgt. Er, dem diese Arbeit am CCS gehört, weiss, was wir brauchen, und gibt es uns zur rechten Zeit. Dafür loben wir ihn von Herzen und danken ihm.
Aldo R.

Information bezüglich der Handwerkerschule CCS

Anfang Oktober ist es am CCS zu einem Zusammenstoss zwischen Rahel und Aldo R. und zwei ehemaligen Lernenden, die als Maurer am CCS angestellt waren, gekommen. Es ging dabei um eine Problematik, die schon länger unterschwellig vorhanden war. In den darauffolgenden Tagen waren die beiden Familien R. und B., SAM global und der CCS-Vorstand damit beschäftigt, möglichst viel Klarheit in die Angelegenheit zu bringen. Dabei kamen auch andere Faktoren wie Dauerüberarbeitung, Frustrationen, gesundheitliche Probleme und das Thema Eigenheim in der Schweiz zur Sprache, welche sowieso im 2023 hätten angegangen werden müssen. Schlussendlich kamen alle zur Übereinkunft, dass es im Moment die beste Lösung ist, wenn Familie R. früher als geplant in die Schweiz zurückkehrt. Zum aktuellen Zeitpunkt scheint es Stefan und Daniela B. mit Hilfe der drei Kurzzeit-Mitarbeitenden möglich zu sein, das CCS vorerst weiterzuführen.

Wir versuchen, in allen Schwierigkeiten stets das Positive und Gottes Führung zu sehen. Danke, wenn ihr jedoch im Moment intensiv im Gebet für Familie R., Familie B. und das CCS-Team einsteht.
Andreas Zurbrügg, Länderverantwortlicher Sri Lanka

SAM global
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