Schweiz

Gott bringt uns viele Menschen nach Europa

22.12.2021
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5
Min.
Eine Tafel mit der Aufschrift "herzlich willkommen".

«Gott hat uns so viele Menschen nach Europa gebracht – was machen wir mit dieser Situation?», fragt Yassir Eric aus Deutschland am 27. November am «together21»-Anlass in Biel und sagt: «Die Gemeinde/Kirche ist der beste Ort, um Integration zu fördern, weil wir letztendlich Geschwister sind. Wir müssen von beiden Seiten lernen.»

Doch wie könnte dies konkret aussehen? Nachfolgend der Versuch, die Schritte einer christlichen Gemeinde in Zürich aufzuzeichnen, die mit vorwiegend monokulturellen Mitgliedern im Veränderungsprozess zu einer monomultikulturellen Gemeinde* steht.

2013: Die Gemeinde startet in einem multikulturellen Quartier den Aufbau einer sozial-diakonischen Arbeit mit ehrenamtlichen (später teilzeitlich angestellten) Mitarbeitenden aus ihrer Mitte. Es gibt drei wöchentliche Angebote: Treff, Eltern-Kind-Treff (ElKi) und Aufgabenhilfe. Viele Kinder und Erwachsene mit Migrationshintergrund nehmen teil.

2014 zeitweiser und dann ab 2016 regelmässiger Einsatz einer interkulturellen Mitarbeiterin (IKM) zurück aus dem Ausland im ElKi. Im Dezember 2016: Nach vielen persönlichen Kontakten der IKM und eines Pastors der Schweizer Gemeinde mit Leitungspersonen aus sechs «Migrantengemeinden», die in den Gebäuden der Gemeinde eingemietet sind, wird ein gemeinsamer Gottesdienst durchgeführt. 2018 folgt ein gemeinsamer Gottesdienst mit der eritreischen Kirche. Ab 2017: Zusammenwirken der Gemeinde in Zürich mit SAM global, sodass die IKM einen Teil ihrer Arbeitszeit in die sozial-diakonische Arbeit investiert.

Zusammen Gottesdienst gestalten

Anfang 2019: Teilzeitanstellung eines Migranten in pastoraler Ausbildung in der sozial-diakonischen Arbeit. Herbst 2019: Pastoren, Gemeindeleitung sowie einige Mitarbeitende der Gemeinde nehmen an der Konferenz «Kirche – fit für die Zukunft: Migranten wirken mit!» teil. Die Konferenz wird von ProCONNECT organisiert mit Yassir Eric als Redner. Teilnahme an den Folgeanlässen «together20» und «together21». Die Gemeindeleitung entscheidet, eine Gemeinde zu werden, die sich für Menschen aus anderen Kulturen öffnet. Start eines mono-multikulturellen Gemeinde-Prozesses. Regelmässige Sitzungen der Pastoren mit der Leitung der sozial-diakonischen Arbeit. Planen von Brückenanlässen und hilfreichen Elementen mit und in der Gemeinde.

Ab Herbst 2020: Monatlich durchgeführte «Hoffnungsabende» in der sozial-diakonischen Arbeit, die biblische Geschichten, persönliche Lebensberichte und Diskussionen um das Gehörte beinhalten. Es gibt eine Übersetzung in verschiedene Sprachen und das Team besteht aus Leuten aus verschiedenen Kirchen und Kulturen. 2021: Gemeinde-Wochenende mit Menschen aus der sozial-diakonischen Arbeit. Über 90 Personen nehmen teil, ca. ein Viertel davon sind Menschen aus anderen Kulturen.

Beharrlich dranbleiben

Diese Schritte sind nicht die einzige Art, wie es laufen kann. Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Miteinanders von einheimischen Christen und Menschen mit Migrationshintergrund. Wichtig ist, dass das Ziel klar ist. Es gibt keinen Prozess des Miteinanders ohne Fehler. Wir lernen im aufmerksamen Unterwegssein miteinander. Eine tiefe Liebe – immer wieder von Gott geschenkt – soll uns leiten.

Ein solcher Gemeinde-Prozess dauert, wie alle grossen Veränderungen, viele Jahre. Es braucht Geduld und ein beharrliches Dranbleiben an den gesteckten Zielen.

Offener Gemeindeanlass

Stimmen aus dieser Gemeinde in Zürich:

«Weisst du, die Gemeinde ist für uns zur neuen Familie geworden.» (Gemeindemitarbeiter aus dem Orient).
«Ich will, dass meine Kinder in dieser Gemeinde, im Kids-Treff, aufwachsen. Das ist sehr wichtig für sie.» (Gottesdienstbesucherin aus dem Orient).
«Ich versuchte heute nach dem Gottesdienst mit I. aus dem Orient zu reden, um ihn kennen zu lernen. Aber er wirkte nervös, es kam nicht wirklich zu einem Gespräch.» (Gemeindeglied, D).
«Unsere Kleingruppe ist durch S. aus Eritrea so wertvoll geworden. Er tut uns gut.» (Gemeindeglied, CH).
«Das Gemeindewochenende mit euch war wie ein Kuss aus dem Paradies.» (Besucher der sozial-diakonischen Arbeit aus dem Orient).

Fragen und Rückmeldungen zu diesem Thema sind erwünscht. Gerne lässt sich Rahel Strahm, in Begleitung von Migrantinnen und Migranten, in Gemeinden einladen, die interessiert sind, eine mono-multikulturelle Gemeinde zu werden.
Herzlichen Dank für alle Unterstützung.

Rahel Strahm, Leitung ProCONNECT

*Mono-multikulturell meint eine Gemeinde, wo rund 50% der Personen aus der Kultur des Gastlandes sind und diese Kultur auch zu einem guten Teil prägen, und dann aber ca. 50% Menschen aus anderen Kulturen, die man ins Gemeindeleben und den Gottesdienst integriert. Mehr dazu in «Mission Mosaikkirche» von Stephen Beck.

Vision von ProCONNECT
Wir tragen dazu bei, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund in der Schweiz Christen kennen lernen, die ihnen auf Augenhöhe und mit Wertschätzung begegnen und ihnen praktisch dienen. Dadurch sollen sie Gottes Liebe in ihrem eigenen Leben erfahren und, wo gewünscht, Antworten auf grundlegende Glaubensfragen finden. Wir setzen uns dafür ein, dass Migranten in Schweizer Gemeinden und Kirchen Freundschaft, Heimat und Orientierung finden. Die gegenseitigen Beziehungen sollen Schweizern und Migranten zum Segen werden.

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