Burkina Faso

Grosse Herausforderungen in Burkina Faso

28.1.2022
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10
Min.
Übersicht zur Sicherheitslage in Burkina Faso

In diesen ProBAAGI NEWS nehme ich euch gerne mit auf meine fünfte Burkina-Reise als Länderverantwortlicher. Diese Reise vom 1.-15. Dezember 2021 stand unter besonderen Vorzeichen: Erstens wurde ich von Daniel Berger, dem Präsidenten von SAM global und Ingenieur-Agronom, begleitet. Zweitens war die Reise geprägt von einem grossen Respekt bezüglich der Sicherheitssituation im Land.

Ein Ziel der Reise war wie immer, unsere Projekte und Partner zu besuchen und zu motivieren. Ein weiteres Ziel war, herauszufinden, was im Blick auf die Landwirtschaft bereits alles unternommen wird und ob eine Ausweitung unserer Arbeit in diesem Bereich sinnvoll sein könnte. Was dabei herausgekommen ist, berichtet Daniel Berger weiter unten in diesen NEWS.

Engagierte Mitarbeitende bei der AESEB

Unseren ersten Tag verbrachten wir mit Sylvain M., dem Koordinator unserer neuen Partnerorganisation AESEB (Netzwerk christlicher Schulen). Sylvain führte uns direkt zum Sitz dieser Dachorganisation, welche nicht weniger als 350 christliche Schulen repräsentiert. Die Sekretärin befand sich im Mutterschaftsurlaub, daher wurden wir von der Buchhalterin herzlich empfangen. In ihrem Büro fiel uns ein grosser Tisch mit vielen Büchern und Lehrmitteln auf. Diese werden teilweise von der AESEB selbst entwickelt und den Schulen günstig angeboten. Der Kommunikationsverantwortliche hat zusammen mit dem Vorstandspräsidenten an einer Konferenz des Bildungsministeriums teilgenommen, wo es darum ging, wie viel Freiheit die (Privat-)Schulen bei der Wahl der Lehrmittel haben sollen. Es ist schön zu sehen, dass die AESEB bei einem so wichtigen Thema Einfluss nehmen kann.

Bücher- und Lehrmitteltisch bei der AESEB

Sylvain hat sich viel Zeit genommen, uns das Fünfjahresprogramm, die Strategie sowie die Aktivitäten und Projekte zu erklären. Er zeigte sich sehr dankbar über die Unterstützung von SAM global für die Weiterbildung der Schulverantwortlichen und der Lehrpersonen. Sylvain selber möchte sich vermehrt auf den internationalen Erfahrungsaustausch (frankophones Afrika) fokussieren. Das begrüssen wir sehr, sehen wir doch, dass die schulischen Netzwerke in Guinea, im Tschad oder in Kamerun längst nicht so gut entwickelt sind wie die AESEB.

Begeistert von der Ausbildung am CEFM

Nach dem Besuch in Bobo-Dioulasso (s. Bericht von Daniel B.) ging es nach Fada N’Gourma – in die «rote» Zone. Wir waren stets im Kontakt mit den Verantwortlichen vor Ort und wären bereit gewesen, sie in Ouagadougou zu treffen, hätten sie unseren Besuch als zu gefährlich erachtet. Nach einer problemlosen Fahrt erhielten wir klaren Befehl, den Hof unseres Gästehauses nicht zu verlassen. Hier fanden auch alle Gespräche statt. Als erstes konnten wir Zeit mit Jonathan O., dem Direktor des Evangelischen Zentrums für transkulturelle Arbeit CFEM, und seinem Stellvertreter Dielgou K. verbringen. Sie zeigten sich dankbar für die fünf Ehepaare, die trotz Corona und Terror ihre zweijährige Ausbildung erfolgreich abschliessen konnten. Jonathan befindet ich noch in seinem Bachelor-Studium in Missiologie, Dielgou übernimmt vermehrt Verantwortung, insbesondere für die praktische Ausbildung.

Aufschlussreich war unser Besuch bei den Studierenden auf dem CEFM Gelände. Die fünf Ehepaare sind alle begeistert von der Ausbildung und wünschten sich, dass alle Pastoren so eine Schulung machen könnten. In der handwerklichen Ausbildung hat ein Mann Schweisser gelernt, vier Männer und eine Frau Schneider/in, die vier anderen Frauen haben Maschinenstricken und Weben gelernt. Mit Stolz haben sie uns schöne Stoffe und Kleidungsstücke präsentiert. Alle können mit ihrer Arbeit zumindest einen Teil ihres Lebensunterhalts verdienen. Einzelne möchten noch ein Berufspraktikum absolvieren, um mehr Praxiserfahrungen zu sammeln. Drei Familien sind bereit, sich von der Kirche aussenden zu lassen, ein Ehepaar engagiert sich lieber weiterhin in seiner Heimatgemeinde und ein Ehepaar hat sich noch nicht entschieden.

Diplomfeier am CEFM in Kleidern aus selbst gewobenen Stoffen

An der Diplomfeier trugen die Absolvent/innen ein Lied vor, das von der Ausbildung handelte. Nebst der Aufzählung vieler Themen, die sie studiert haben (Vermittlung der Frohen Botschaft an Analphabeten, Kommunikation mit Andersgläubigen, Islam und der Koran, Gartenbau, Kleintierzucht, Geschäftsführung usw.) berichteten sie auch, wie sie auf dem CEFM-Acker auf dem Bauch liegend Zeugen eines Gefechtes zwischen Armee und Terroristen wurden. Sie priesen Gott für ihre Bewahrung. Leider mussten wir auch hören, dass die Ernten jeweils nicht genügen, um die Familien während 12 Monaten zu ernähren. Die Dankbarkeit für die finanzielle Unterstützung von SAM global während der Ausbildung ist daher gross.

Partnerkirche EE/SIM in einer schwierigen Situation

Das Gespräch mit der Kirchenleitung war für uns sehr ernüchternd. Pastor Aristarque L., seit April 2021 Präsident der EE/SIM, erzählte uns, dass von den 890 Gemeinden gut 500 geschlossen werden mussten. Viele Christen sind aus ihren Dörfern vertrieben worden. Anderen ist es nicht gestattet, sich zu versammeln. Grosse Gebiete werden von Dschihadisten kontrolliert. Die Kirchenleitung hat ihre Struktur so angepasst, dass die Kommunikation möglichst gut aufrechterhalten werden kann. Die Pastoren werden ermutigt, die Kontakte zu ihren Mitgliedern wo immer möglich zu pflegen und sie in Kleingruppen zu organisieren. Die Not ist jedoch gross, da es ohne Gottesdienste keine Kollekten und somit keinen Lohn für die Pastoren und auch keine Beiträge an die Kirchenleitung gibt. Dies erschwert die Arbeit natürlich extrem.

Andreas und Daniel mit dem nationalen Kirchenkomitee

Als SAM global können wir nicht alle Probleme der Kirche lösen. Mit einem kleinen Projekt verhelfen wir aber 15 (Pastoren-)Familien zu einem kleinen Gemüsegarten mit Tröpfchen-Bewässerungssystem. Zudem können wir bezeugen, dass auch die unzähligen Gebete für unsere Geschwister in Burkina nicht ohne Wirkung sind.

Andreas Zurbrügg

DIE GROSSE HERAUSFORDERUNG IN DEN SAHELLÄNDERN

Im April 2021 fand in Ouagadougou ein Seminar statt zum Thema: Agroökologie in sensiblen Gebieten im Sahel. Die Teilnehmenden kamen aus sechs westafrikanischen Ländern. Ich war auch eingeladen, zusammen mit Vertretern des ProAGRO-Projekts aus Guinea. Am Seminar ergaben sich gute Kontakte und Austauschmöglichkeiten. Die Herausforderungen, die sich heute in den Sahelländern stellen, sind enorm. Die Gründe dazu sind vielschichtig.

  • Die Gebiete weisen naturgemäss wenig Niederschläge auf. Die Trockenperioden dauern sehr lange und die Regenzeit ist mit nur etwa vier Monaten sehr kurz. In dieser kurzen Zeit müssen Felder bebaut, gepflegt und geerntet werden. Klimaschwankungen, die oft vorkommen, erschweren den Anbau von Nahrungsmitteln.
  • Die Erträge der Kulturen sind sehr tief, weil die Böden schlecht versorgt sind. Traditionelle Methoden wie Brandrodung usw. führen zu einer weiteren Verarmung der Böden. Die Landschaften sind ausgeräumt, was die Bodenerosion fördert.
  • Mit dem Bevölkerungswachstum steigt auch der Bedarf an Nahrungsmitteln.
  • Die Sicherheitslage hat sich in vielen Gebieten drastisch verschlechtert. Bewaffnete extremistische Gruppen vertreiben die Bevölkerungund machen das Leben unsicher.
Die meisten Felder in Burkina Faso sind vor Wind und Tieren nicht geschützt

Landwirtschaftsprojekte sind dringend nötig

SAM global ist in drei der betroffenen Länder engagiert, nämlich in Burkina Faso, im Tschad und in Nordkamerun, und unterstützt Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Gemeindearbeit. Auf unserer Burkina-Reise hörten wir praktisch überall, dass landwirtschaftliche Projekte jetzt am dringendsten wären.
Um den zunehmenden Problemen für die Versorgung der Bevölkerung zu begegnen, hat der Vorstand von SAM global beschlossen, in den Sahel-Ländern neue landwirtschaftliche Projekte zu unterstützen. Dabei suchen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Das heisst, dass der geistliche Aspekt und die frohe Botschaft von Jesus Christus mit einbezogen werden. Die Menschen sollen Gottes Liebe ganz praktisch erfahren und merken, dass er sie auch in ihrer misslichen Lage nicht vergessen hat. Wir teilen unser Wissen mit allen, die interessiert sind. Gleichzeitig sagen wir auch, woher wir kommen und was uns motiviert. Die Zusammenarbeit mit den Kirchen soll gesucht werden, nicht zuletzt, damit die Gläubigen gestärkt und ermutigt werden.

Kompostieranlage

Neue Techniken voranbringen

Die klimatischen Bedingungen und die von Erosion betroffenen Böden erfordern neue Wege, um überhaupt landwirtschaftliche Erzeugnisse hervorbringen zu können. Verschiedene international unterstützte Projekte leisteten dazu Pionierarbeit. Ein erfolgversprechender Ansatz besteht in ökologischen Anbautechniken. Es geht letztlich darum, die Natur zurückzubringen mit Wasserrückhalte-Massnahmen, Bodenbedeckungen, Aufforstungen usw.

Zaï-Methode: Jede Pflanze erhält ihr Loch mit ein wenig Kompost. Der gespeicherte Regen hilft, auch ein paar trockene Tage zu überstehen.

Sehr oft fehlen in diesen Ländern nicht die Fachleute, sondern die Mittel, um Schulungen und praktische Anleitungen zu verbreiten. Um vorwärts zu kommen, macht es Sinn, mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die über Praxiserfahrung verfügen und erfolgreich neue Techniken anwenden. Um eine Breitenwirkung zu erzeugen, sollen landwirtschaftliche Kurse verständlich, dem Kontext angepasst und umsetzbar sowie möglichst zahlreich in verschiedenen Gebieten durchgeführt werden. Weil ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung Selbstversorgung betreibt, ist das Potenzial für landwirtschaftliche Kurse sehr gross. SAM global möchte sich hier einbringen und vorhandenes Wissen verbreiten, gemäss unserer Vision: «Mit Bildung Leben verändern». Wir verfolgen in Burkina Faso derzeit drei Möglichkeiten mit unterschiedlichen Partnerorganisationen in drei Regionen. Wir hoffen, in der nächsten Ausgabe der ProBAAGI NEWS ausführlicher darüber berichten zu können.

Besuch auf einer Kuhfarm mit aus der Schweiz eingekreuzten Rassen

Nothilfe-Einsätze

Wie aus diversen Gesprächen mit Betroffenen zu entnehmen ist, muss in den nächsten Monaten mit massiven Versorgungsengpässen gerechnet werden. Die Ernten fielen im letzten Jahr infolge der fehlenden oder zum Teil auch kurzfristig übermässigen Niederschläge sehr schlecht aus. Dazu wurden zahlreiche Bauern daran gehindert, ihre Felder zu bebauen oder es wurden Ernten gestohlen. Wir müssen damit rechnen, dass sich Nothilfemassnahmen aufdrängen, wenn sich die Versorgungslage stark verschlimmern sollte. In einem solchen Fall kommt es auch darauf an, wie sich internationale Organisationen wie das UNHCR usw. engagieren werden. SAM global möchte sich primär in langfristig wirkenden Selbsthilfemassnahmen engagieren. Kurzfristig müssten aber allenfalls Nothilfe-Massnahmen getroffen werden, wenn sich dies aufdrängt.

Begleitet uns

Die Bevölkerung in den Sahel-Ländern steht vor enormen Herausforderungen. Unser Engagement in diesen Ländern ist jetzt gefragt. Als Länderverantwortlicher wird Andreas Zurbrügg die operativen Abläufe koordinieren. Ich stehe ihm als Berater zur Seite. Wir sind froh, wenn möglichst viele SAM global-Freunde die Landwirtschafts-Projekte in Burkina Faso mitverfolgen und mithelfen, Lösungen und Finanzen zu finden.
Wer selber dafür spenden möchte, kann das unter: https://www.sam-global.org/spenden-burkina-faso oder mit einer Überweisung auf unser PC-Kto. 84-1706-5 mit dem Vermerk: Agro-Projekte Burkina Faso.
Herzlichen Dank!

Daniel Berger

WANTED
Die Supportgruppe Burkina Faso hat die Aufgabe, SAM global und insbesondere den Länderverantwortlichen in strategischen und organisatorischen Fragen beratend zu unterstützen. Sie trifft sich zweimal pro Jahr. In den Sitzungen wird über die Arbeit berichtet, über Massnahmen und Möglichkeiten diskutiert oder auch Budget und Abrechnung besprochen. Mitglieder sind Freunde, ehemalige Mitarbeitende, Interessierte. Aktuell besteht die Supportgruppe Burkina nur aus zwei Mitgliedern und dem Länderverantwortlichen. Daher suchen wir dringend neue Mitarbeiter/innen, die sich für die Arbeit von ProBAAGI interessieren und gerne mitgestalten möchten. Kontakt für Fragen oder Kandidaturen:
andreas.zurbruegg@sam-global.org / 052 269 04 81.

SAM global
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